Rosenheimer Jugendhilfe

Rosenheimer Jugendhilfe

Jeder junge Mensch möchte irgendwo Teil der Gesellschaft sein“, sagt Astrid Langenegger. Ihre lebensfrohe Ausstrahlung kann ihr dabei weder die gläserne Trennwand noch der Mundschutz rauben. Sie ist Mitbegründerin des Rosenheimer Unternehmens „junge arbeit“, einer Einrichtung der berufsbezogenen Jugendhilfe. Sie, ihr Geschäftspartner Hans Mitterer und 18 weitere Mitarbeiter des Unternehmens versuchen jungen Menschen den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern, wenn diese im Übergang von der Schule zum Beruf auf besondere Hilfe angewiesen sind.

Viele Jugendliche kommen mit psychischen oder physischen Vorbelastungen, nicht selten gibt es zu Hause Probleme. „Wenn sie hierherkommen, sind sie meistens total frustriert und haben das Vertrauen, vor allem zu sich selbst, verloren“, beschreibt die Unternehmensgründerin die Situation vieler neuer Ankömmlinge. Die „junge arbeit“ stellt den Jugendlichen daher in der Regel bereits vor Beginn weiterer Maßnahmen einen Berater zur Verfügung, auf den sie sich vollkommen verlassen können. Er unterstützt sie nicht nur in Dingen der Arbeit und Ausbildung, sondern auch privat, und ist daher für viele eine Vertrauensperson, der sie sich jederzeit anvertrauen können. Es ist Teil des Konzepts, verlorenes Selbstvertrauen in der Arbeit wiederherzustellen. Neben Motivation sind feste Tagesroutinen, um sie in soziale Strukturen einzugliedern und ihnen zu selbst erzielten Erfolgen zu verhelfen, Kernbestandteile ihrer Arbeit.

„Die Leute haben Lust, etwas zu verändern“

„Die jungen Leute haben eigentlich immer Bock, und falls mal nicht, ist es auch unsere Arbeit, sie zu erreichen“, betont Astrid Langenegger. Hin und wieder gibt es allerdings auch Abbrecher, diese seien „einfach noch nicht so weit und brauchen vorher erst noch etwas in ihrem Leben“. Die Sozialpädagogin erinnert sich: „Wir hatten einmal ein junges Mädchen vom Gymnasium, die nach einem Zusammenbruch und mehreren Monaten Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik zu uns kam. Hier fing sie dann eine Ausbildung an.“ Potentiell kann jeder Jugendliche, unabhängig von der besuchten Schulform, entweder durch die Agentur für Arbeit, das Jugendamt oder Jobcenter an die „junge arbeit“ vermittelt werden. Diese drei Institutionen bilden zusammen die Hauptfinanzierungsquelle der Maßnahmen.

Als Sozialpädagogen arbeiteten Hans Mitterer und Astrid Langenegger bereits lange vorher. Gemeinsam leiteten sie bis 2004 eine Jugendwerkstatt des Diakonischen Werks. „Es war dort so, dass man da schon relativ vielen Zwängen ausgesetzt war und ich das Gefühl hatte, dass viele vorhandene Mittel gar nicht richtig bei den Jugendlichen ankommen“, sagt Langenegger. So fassten sie den Beschluss, sich selbständig zu machen, obwohl das für Sozialarbeiter eigentlich ganz und gar nicht typisch ist. „Da muss man wohl eben einfach der Typ für sein“, merkt sie selbstbewusst an, dennoch habe sie in den letzten Jahren eine kleine Tendenz zur Selbständigkeit hin beobachtet, mehr soziale Projekte wagten den großen Schritt. „Die Leute haben Lust, etwas zu verändern.“

Viele können auf dem ersten Arbeitsmarkt andocken

Eine nervenzehrende Situation ergab sich aus der Flüchtlingskrise, erinnert sie sich: „Ohne Aufenthaltsgenehmigung durften sie ja auch gar nicht arbeiten, da mussten also plötzlich völlig neue Konzepte entwickelt werden. Das macht dann schon auch Spaß, aber ist dennoch herausfordernd.“ Zeitdruck und bürokratische Hürden erschwerten die Arbeit, dennoch ließ das Unternehmen nicht locker und wurde sogar politisch, bis letztendlich die CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig sich des Problems um den verzögerten Ausbildungsbeginn der Flüchtlinge persönlich annahm und für eine Beschleunigung der politischen Prozesse sorgte. „Von alleine macht’s keiner, man muss sich Verbündete suchen, und der Erfolg am Ende macht einen ja auch stolz.“ Einen weiteren besonderen Moment ihrer Arbeit stellt das Maßnahmenende ihrer Jugendlichen dar, wenn diese in einen Betrieb vermittelt werden und endgültig auf eigenen Beinen stehen. „Später kommen sie dann oft noch mal her, mit eigenem Auto. Das ist wirklich toll zu sehen.“

Neben ihrer Arbeit versorgt die 51-jährige Mutter von drei erwachsenen Töchtern vier Schafe und vier Hühner. „Das ist ein großer Ausgleich zur Arbeit, erdet mich und macht mir viel Freude.“ Die Hilfsangebote der „jungen arbeit“ sind immer auf die Integration in den Arbeitsmarkt gerichtet. Ob mit einem berufsvorbereitenden Jahr zur Interessenorientierung oder der Vermittlung in einen außerbetrieblichen Ausbildungsplatz, langfristig versucht man, die Jugendlichen möglichst umfassend in ihrer Eigenständigkeit zu fördern. Das stellt einen Unterschied zu großen etablierten Berufsbildungswerken dar, die eine Alternative zum „ersten Arbeitsmarkt“ für stark eingeschränkte Menschen schaffen sollen. Astrid Langenegger meint dazu: „Die sind zwar generell sinnvoll, aber wie unter einer Glocke. Arbeit ist eine konkrete Perspektive und keine gekünstelte, wie dort oft vermittelt wird. Viele junge Menschen wollen und können auch auf dem ersten Arbeitsmarkt Beschäftigung finden. Bei uns bekommt jeder den Platz, den er braucht oder sich wünscht.“

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