Gedenkstätte Dachau


Als die Soldaten die Schienen überquerten und in die Wagen schauten, bot sich ihnen ein schreckliches Bild. Die Wagen waren voll mit Leichen“, erzählt Stefania Gavazza Zuber über die Befreiung des Konzentrationslagers Dachau am 29. April 1945 durch die amerikanischen Truppen. Der vom Internationalen Roten Kreuz Beauftragte Viktor Maurer vereinbarte am selben Tag die Übernahme des Lagers durch die US-amerikanischen Truppen. Noch vor den Toren des Lagers stießen sie auf einen abgestellten Zug. Die Waggons waren gefüllt mit toten Häftlingen. „Die Toten bestanden nur noch aus Haut und Knochen.“ Für die Befreier war dieser Anblick schockierend.

Im Max-Mannheimer-Studienzentrum

Die gebürtige Italienerin, die von diesen Ereignissen kundig berichtet, zog nach München, um die deutsche Sprache zu lernen. Während ihres Studiums am Dolmetscher-Institut machte sie eine Ausbildung zur Gästeführerin und fing bald an, im Tourismusbereich zu arbeiten. So kam sie schließlich auch zur Gedenkstätte Dachau: „Immer wieder fragten mich Touristen, ob ich sie nach Dachau begleiten könnte, um mit ihnen eine Führung durch die Gedenkstätte zu machen. Ich musste mich selbst erst in dieses Thema vertiefen und entdeckte, wie wenig ich davon wusste. Ich entwickelte ein persönliches Interesse und begann, mich in der Erinnerungsarbeit zu engagieren“, berichtet sie. „Ich merke, dass sich vor allem die deutschen Besucher sehr für das Thema interessieren, da viele von ihnen aus Familien kommen, in denen kaum über diese Zeit gesprochen wurde.“ Heute gibt sie Seminare im Max-Mannheimer-Studienzentrum in Dachau und hält zusätzlich Führungen rund um die Geschichte des Konzentrationslagers. Das Studienzentrum wurde nach Max Mannheimer, einem überlebenden jüdischen Häftling des KZ Dachau, benannt und bietet ein Forum für den offenen Austausch über die Geschichte Dachaus.

„Das gezielte Töten stand immer im Vordergrund“

Das Lager wurde als eines der ersten seiner Art am 22. März 1933 eröffnet und stand zunächst unter Polizeiverwaltung. Knapp einen Monat später wurde die Bayerische Landespolizei von einer SS-Einheit ersetzt. Nur zwei Tage später, nachdem die SS das Lager übernommen hatte, wurden bereits vier jüdische Häftlinge unter dem Vorwand, sie hätten einen Fluchtversuch unternommen, ermordet. Der Zweck des Lagers war es, zunächst politische Gegner der Nationalsozialisten auszuschalten. In der Anfangszeit war es nicht möglich, im Lager an Hunger oder Krankheit zu sterben – die hygienische Versorgung und die Essensrationen waren zwar nicht üppig, aber genügend. „Das ändert sich, als das Lager überfüllt wird, als es immer weniger zu essen gibt, die hygienische Lage katastrophal wird und es kaum geeignete Kleidung für die Häftlinge gibt. Ab dieser Zeit sterben viele Häftlinge an Hunger und Krankheit. Aber das gezielte Töten stand immer im Vordergrund“, schildert Gavazza Zuber. Zehn Jahre später, ab 1943, wurden viele Häftlinge in Außenlager von Dachau gebracht. „Sie mussten schwerste Arbeit leisten, in der Kälte, völlig entkräftet, ohne genügend Essensrationen oder Sicherheitsmaßnahmen.“ Die Behandlung der einzelnen Häftlinge durch die SS unterschied sich voneinander, auch wenn diese offiziell für alle Häftlinge gleich sein sollte: „Jüdische Häftlinge wurden immer schlechter behandelt und hatten weniger Chancen zu überleben als zum Beispiel Häftlinge, die als Arier betrachtet wurden, wie aus Norwegen oder Dänemark kommende.“ Trotz der extrem schwierigen Lebensverhältnisse gab es auch unter den Häftlingen selbst Rivalitäten. Einige von ihnen waren zwar gegen das Nazi-Regime, hatten aber dennoch Vorurteile gegenüber Sinti und Roma oder waren antisemitisch. Dazu ergänzt die 54-Jährige: „Die Häftlinge halfen sich untereinander, aber fast nur unter ihresgleichen.“

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