Ungefähr zwölf Tonnen Kleidung werden in einem halben Jahr bei uns abgegeben“, erzählt Heidrun Krämer, die Leiterin der Kleiderstube in Taunusstein Bleidenstadt. Die Kleiderstube gehört seit 30 Jahren zur evangelischen Kirchengemeinde, befindet sich in dem kleinen „Alten Bahnhof“ in Bleidenstadt, in der Nähe der Landeshauptstadt Wiesbaden und wird seit fünf Jahren von der 71-jährigen Heidrun Krämer mit einer Kollegin geleitet. Das System der Kleiderstube besteht darin, dass Menschen ihre alte Kleidung dort abgeben, die sie nicht mehr tragen, und diese abgegebene Kleidung dann von den Mitarbeitern der Kleiderstube gegen eine geringe Geldspende weitergegeben wird.
Dann ist Seelsorge gefordert
Die 25 ehrenamtlichen Mitarbeiter, 24 Frauen und ein Mann, unterstützen sich gegenseitig und sind auch häufig froh, dort arbeiten zu können, da es meist ältere Leute sind, die so eine Aufgabe haben. Häufig kommen die Ehrenamtlichen mit den Kunden sowie mit den Spendern in Gespräche, die durchaus auch mal traurig sein können. Zum Beispiel wenn ein Spender einen geliebten Menschen verloren hat und dessen Kleidung jetzt der Kleiderstube spenden möchte, dann wird auch etwas Seelsorge und Trauerarbeit von den Ehrenamtlichen gefordert. Die Mitarbeiter leisten aber nicht nur Trauerarbeit, sondern überprüfen die gesamte gespendete Kleidung, sortieren sie danach, ob sie tragbar ist, und ordnen sie dann in ein Sommer- und ein Winterlager. Viele Menschen sehen in der Kleiderstube einen einfachen Weg, ihre alte Kleidung loszuwerden. Von den etwa zwölf Tonnen Spenden in einem halben Jahr werden ungefähr acht Tonnen aussortiert. Diese Kleidung besteht oft aus Teilen, die manchmal schon verschimmelt oder kaputt sind. All diese Kleidungsstücke werden dann an den Dachverband „FairWertung“ weitergegeben, dem die Kleiderstube angeschlossen ist. Dieser gibt die Teile entweder zum Schreddern für die Industrie frei oder gibt die Teile, die vielleicht doch noch einen Nutzen haben, nach Afrika.
Ans Männerwohnheim in Wiesbaden
Die übrigen vier Tonnen beansprucht die Kleiderstube und gibt sie selbst aus oder spendet die Sachen weiter. „Die Kleiderstube spendet auch Kleidung, Bettwäsche und Ähnliches an das Männerwohnheim in Wiesbaden, Altenheime und Obdachlosenheime“, berichtet Heidrun Krämer. Auch werden Brautkleider, die hin und wieder abgegeben werden, an eine Organisation weitergeleitet, die ehrenamtlich aus den Kleidern Kissen oder Kleidung für Sternenkinder, Kinder, die in einem sehr jungen Alter oder noch vor der Geburt verstorben sind, nähen. Diese Kleider oder Kissen werden an Krankenhäuser gespendet und auf Wunsch der Eltern für die Beerdigung der Sternenkinder verwendet. Heidrun Krämer erzählt ebenfalls, dass auch manchmal bedürftige Menschen mit der Kleidung eingekleidet werden, ohne dafür etwas zahlen zu müssen, und auch bunte Sachen, wie zum Beispiel Bettwäsche, an Hospize gespendet werden, um den Leuten dort etwas Farbe zu schenken. Aber nicht nur bedürftige Leute kommen in der Kleiderstube vorbei, sondern auch Leute, die auf Nachhaltigkeit achten. Oft sind es Eltern, die für ihre Babys Kleidung abholen, da diese Kleidung schon öfter gewaschen wurde und dadurch die Chemikalienbelastung geringer ist.
Sortiert wird außerhalb der Öffnungszeit
Jeder, der die Ausgabe der Kleiderstube in Anspruch nehmen möchte, kann dies montags, dienstags und freitags vormittags und mittwochs am Nachmittag machen. In den drei Stunden, in denen die Kleiderstube immer geöffnet hat, kommen im Durchschnitt acht bis 15 Leute vorbei, die die Ausgabe nutzen. Die Spenden werden dann außerhalb der Öffnungszeit sortiert. Der alte Bahnhof, in dem sich die Kleiderstube befindet, wurde von der Stadt Taunusstein gepachtet und muss unterhalten werden, erklärt Krämer auf die Frage, wie sich der Bahnhof denn finanziert. Mit den erwirtschafteten Spenden und der Vermietung der übrigen Räumlichkeiten sei der Erhalt des alten Bahnhofs gesichert und damit auch das Überleben der Kleiderstube.
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