„Histörchen“ – die etwas andere Gegnervorschau: Darum macht der Kalender Fortuna Hoffnung


Serie

Düsseldorf
Es ist ein Traditionsduell, das da am Samstagabend im Hamburger Volkspark stattfindet. HSV gegen Fortuna – diese Paarung gibt es seit dem Jahr 1927. Favorit sind diesmal wohl die Hanseaten, aber es gibt da einen kuriosen Faktor, der für die Gäste spricht.

Die zweite Länderspielpause der Saison ist Geschichte. Die deutsche Nationalmannschaft kann die Tickets für den Winterurlaub 2022 in Katar buchen, und der Liga-Alltag hat die Spieler zurück. Fortuna hat dabei die undankbare Aufgabe, beim Hamburger SV endlich in die Puschen zu kommen und ihren Fans das zu liefern, was sie verdient haben – einen Sieg!

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In der Elbmetropole dürfte am Samstagabend (20.30 Uhr) so etwas wie Bundesliga-Atmosphäre aufkommen. Den beiden Traditionsvereinen, die 1927 erstmals in Düsseldorf aufeinandertrafen, bietet sich die Möglichkeit, vor großer Kulisse im Volksparkstadion und zur Prime-Time der  Fernsehunterhaltung erfolgreich in die Restvorrunde zu starten. Ein „weiter so“ gilt es für beide Vereine zu vermeiden, um nicht schon frühzeitig alle Saisonerwartungen begraben zu müssen. Dem Verlierer drohen ernsthafte Herbstdepressionen.

 Direkter Vergleich Spiele zwischen der Fortuna und dem HSV habe eine lange Tradition. Im März 1934 folgten die Düsseldorfer erstmals einer Einladung der Nordlichter. Dabei präsentierte sich der amtierende Deutsche Meister als guter Gast und ließ sich am altehrwürdigen Rothenbaum mit 1:4 (0:1) gleich mal die Hucke voll hauen. In den kommenden 13 Jahren kreuzte Fortuna weitere sechsmal bei den Rothosen auf. Insgesamt erzielte Fortuna eine leicht positive Bilanz, denn die Klubs siegten jeweils zweimal, und dreimal trennten sie sich mit einem Remis – doch das Torverhältnis von 15:14 spricht für die Flingerner. Für Siege in Testspielen gibt es außer der Stärkung des Selbstvertrauens nicht viel zu gewinnen. Doch 18 Monate nach der 1:4-Pleite im ersten Match in Hamburg langte es nicht nur zum ersten Sieg (4:1) für Rot-Weiß, sondern Fortuna zog damit auch in die 2. Runde des Tschammerpokals ein.

In 23 gemeinsamen Jahren 1.Bundesliga hat allerdings der HSV seine Nase ganz weit vorn. Nur kümmerliche dreimal gelang es den Düsseldorfern, alle Punkte zu entführen (1974, 1978 und 1985), und auch die drei Unentschieden machen den Kohl nicht wirklich fett. Es ist schon erstaunlich, dass das Torverhältnis mit 26:52 fast noch human klingt, rechnet man 17 Niederlagen hinzu.

Es sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass sich Fortuna, in einer Zeit als sich der HSV noch im Dino-Zeitalter befand (2004 – 2008), sportliche Auseinandersetzungen mit der U23 des HSV liefern musste. Bei den vier Auftritten in der Regionalliga Nord in Hamburg blieb den Düsseldorfern wenigsten die Schmach erspart, beim Unterbau der Profi verloren zu haben. Zwei Siege und zwei Remis – das passt. Von einigen dieser Treffen könnte auch Rouwen Hennings berichten, denn Hennings trug zu dieser Zeit das Leibchen der 2. Mannschaft der Hamburger.

 Seitenwechsler Apropos Rouwen Hennings. Dass Fortunas Torjäger eine Hamburger Vergangenheit hat, ist insofern nicht verwunderlich, als dass er gebürtiger Schleswig-Holsteiner ist. So landete er fast zwangsläufig auch in der HSV-Jugend.

Trotz eines langen gemeinsamen Weges griffen die Rautenträger nur ein einziges Mal in der Transferphase bei Fortuna zu. Dafür zogen die Verantwortlichen von der Alster aber gleich den Hauptgewinn. Jörg „Ali“ Albertz wechselte 1993 für einen vergleichsweise schmalen Taler vom Rhein an die Elbe. Albertz wurde schnell Stammspieler, dann Mannschaftskapitän und zuletzt auch A-Nationalspieler, ehe es ihn 1996 zu den Glasgow Rangers zog. Bemerkenswert ist, dass Albertz später sowohl zum HSV als auch zur Fortuna zurückkehrte.

Fortuna bediente sich dagegen des Öfteren beim HSV. In Yusuf Adewunmi (2006), Oliver Hampel (2007) und Evans Nyarko (2012) versuchten es die Düsseldorfer mit drei Talenten aus der U23. Aber auch vier gestandene Profis wurden überzeugt, von Hamburg nach Düsseldorf überzusiedeln. Aktuell hat Fortuna viel Freude an Khaled Narey. Aber bereits nach dem ersten Bundesliga-Aufstieg 1966 taten die Flingerner mit Hans Schulz (58 Tore in 177 Einsätzen) einen guten Griff. Richard Cyron und Jörg Bach nehmen wir, ebenso wie die Leihspieler, erst zum Rückspiel genauer unter die Lupe.

 Das Spiel der Spiele Die Hoffnung, dass es 1938 zum zweiten Coup nach 1933 kommen würde, zerschlugen sich nach einer denkbar knappen 0:1-Niederlage im Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft gegen Dauerrivalen Schalke 04. Da es auch für den HSV gegen Hannover 96 nicht reichte, trafen sich beide Teams nur zum Spiel um Platz drei im Bremer Weserstadion. In einer Partie, vor deren Beginn kein Zielwasser verteilt wurde, gingen die Kontrahenten nach 90 Minuten torlos in die Verlängerung. Einziger Höhepunkt bis zur Extrazeit war ein von Fortuna-Keeper Willy Pesch brillant gehaltener Foulelfmeter. Auch die erste Hälfte der Verlängerung brachte keine Tore. Dann aber hatte der DFB ein Einsehen mit den 12.000 Fans und brach die Partie nach 105 Minuten ab – die einsetzende Dunkelheit erlöste das gelangweilte Publikum.

Acht Tage später, am 1. Juli 1938, wurde aus dem Spiel um die „goldene Ananas“ aber urplötzlich ein echtes Ereignis. Da sich auch im Endspiel nach 120 Minuten kein Sieger fand, setzte der DFB eine Doppelveranstaltung im Berliner Olympia-Stadion an.

100.000 (!) Fans säumten die Ränge und sorgten damit für die größte Kulisse, vor der Fortuna jemals gegen den Ball trat. Im Wiederholungsspiel waren dann auch die Visiere der Stürmer bestens justiert. Dabei geriet Fortuna zunächst (vermeintlich) in Rückstand. Doch der HSV-Stürmer Gustav Carstens setzte beim Abschluss, und das Jahrzehnte vor Diego Maradona, auf die Hand Gottes – und wurde zurückgepfiffen.

Fortuna übernahm fortan das Kommando und konnte sich vor allem auf die Offensivkräfte Ernst Albrecht und Herbert Schubart verlassen. Bis zum Seitenwechsel schossen die Flingerner einen scheinbar beruhigenden 2:0-Vorsprung durch Tore von „Schäng“ Pickartz (24.) und Ernst Albrecht (42.) heraus. Doch binnen sechs Minuten kam der HSV zum Ausgleich. Doch Fortuna hatte die Unterschiedsspieler Schubart (3:2; 72.) und Albrecht (4:2; 81.). Am Ende siegten die Rheinländer verdient mit 4:2 (2:0) und durften sich freuen, das „kleine Finale gewonnen und damit den dritten Platz errungen zu haben.

 Was Hoffnung macht Am Samstagabend dürfen wir uns alle entspannt zurücklehnen und ein erfolgreiches Auftreten der Fortuna erwarten. Überheblichkeit? Größenwahn? Oder woher stammt dieser schier unglaubliche Optimismus? Nun, die Antwort ist ebenso simpel wie belegbar. Noch nie haben die Düsseldorfer an einem 16. Oktober ein Spiel der 2. Bundesliga verloren. Und es kommt noch besser: Am Ende der bisher vier stattgefundenen Zweitligapartien hieß der Sieger stets Fortuna Düsseldorf!

1987 putzte Fortuna den 1. FC Saarbrücken vom Rasen (4:2), 1994 musste sich der FSV Frankfurt am heimischen Bornheimer Hang mit 1:2 geschlagen geben. 2015 verlor Arminia Bielefeld mit 0:1 in der Stockumer Arena, und auch der TSV 1860 München musste sich am 16. Oktober 2016 im eigenen Stadion eingestehen, dass Fortuna einfach nicht zu schlagen ist (1:3). Das Gesetz der Serie sollte damit auch 2021 angewandt werden – das wäre doch im Sinne aller Rot-Weißen, oder?

Hier geht es zur Bilderstrecke: Das große Trainer-Battle Fortuna gegen HSV

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