Das Deutsche Kinderhilfswerk sieht Versäumnisse bei der konkreten Umsetzung von Kinderrechten in Deutschland. Eine Umfrage unter Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern zeigt demnach Defizite vor allem in der Möglichkeit der Meinungsäußerung auf.
Ein Recht auf Meinungsäußerung und die Berücksichtigung des eigenen Willens – das sind nur einige der Ansprüche, die sich aus der UN-Kinderrechtskonvention ergeben. Das Deutsche Kinderhilfswerk sieht Defizite in der Umsetzung dieser. Eine Umfrage in seinem Auftrag ergab unter anderem, dass nur zwei Prozent der Heranwachsenden bei kommunalen Angelegenheiten häufig nach ihrer Meinung gefragt werden, 13 Prozent gelegentlich.
In der Schule werden 24 Prozent der befragten Kinder häufig um ihre Meinung gebeten. Etwa die Hälfte der befragten Eltern bewertete die Mitbestimmungsrechte ihrer Kinder in der Schule als „weniger gut“ beziehungsweise „überhaupt nicht gut“. In der Umfrage wurden 1.600 Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 17 Jahren sowie 1.600 ihrer Erziehungsberechtigten befragt.
„Die deutsche Gesellschaft blendet Kinderinteressen aus“
„Auch wenn wir bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention an einigen Stellen in den vergangenen Jahren Fortschritte erzielt haben, müssen wir in der Gesamtschau feststellen, dass die deutsche Gesellschaft Kinderinteressen anhaltend ausblendet und verdrängt“, sagt Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerk.
Die eigene Meinung spielt den befragten Schülern zufolge am ehesten eine Rolle, wenn es um Sitznachbarn, Klassenregeln und Schulausflüge geht. Von den Schülern, die häufiger oder gelegentlich in der Schule nach ihrer Meinung gefragt werden, gaben bis zu 80 Prozent an, dass bei diesen Themen jeweils ihre Ansichten gefragt sind. Weniger können diese demnach bei der fachlichen Ausrichtung der Schule eingebracht werden (17 Prozent).
Kinder werden in der Familie häufiger nach ihrer Meinung gefragt
„Wir wollen die Mitbestimmung und Beteiligung von Kindern ins öffentliche Bewusstsein rücken“, sagt Krüger. „Kinder wollen befragt werden.“ In der Schule gehe es schließlich nicht nur darum, Kinder für den Arbeitsmarkt vorzubereiten, sondern auch um die Ausbildung einer eigenen Persönlichkeit.
In der Familie besteht offenbar das größte Interesse an den Ansichten der Kinder. Zumindest 59 Prozent der befragten Heranwachsenden gaben an, im familiären Umfeld nach ihrer Meinung gefragt zu werden. Ihre Eltern schätzen die Beteiligungsmöglichkeit ihrer Kinder höher ein: 73 Prozent sagen, ihr Kind werde häufig bei familiären Entscheidungen nach ihrem Standpunkt gefragt.
Weitere Ergebnisse der Umfrage: Mehr als Dreiviertel (78 Prozent) der Kinder und Jugendlichen sind der Meinung, dass alle Kinder an ihrer Schule die gleichen Chancen auf einen guten Schulabschluss haben. Knapp ebenso viele sagen, dass sich Jungen und Mädchen an ihrer Schule meistens respektieren. Dennoch spielt Mobbing an Schulen in Deutschland offenbar eine Rolle: 61 Prozent der Befragten gaben an, dass an ihrer Schule jemand gemobbt werde.
Umfrage ist Teil des „Kinderrechte-Index“
Die Umfrage wurde im Zusammenhang der Pilotstudie „Kinderrechte-Index“ durchgeführt. In dieser werden verschiedene Kinderrechte-Indikatoren entwickelt und der Stand der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in verschiedenen Lebensbereichen von Kindern gemessen. Dadurch sollen nicht nur die Defizite aufgezeigt werden, sondern auch konkrete Handlungsvorschläge gemacht werden. Im Fokus stehen die Themen Schutz, Armut, Beteiligung und Bildung.
Das ist die UN-Kinderrechtskonvention
Die UN-Kinderrechtskonvention wurde 1989 verabschiedet. Sie gilt als das wichtigste internationale Menschenrechtsinstrumentarium für Kinder. Bis auf die USA haben alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen die Konvention ratifiziert. Sie beruht auf vier Grundprinzipien: dem Recht auf Gleichbehandlung, dem Vorrang des Kindeswohls, dem Recht auf Leben und Entwicklung und der Achtung vor der Meinung des Kindes.
Daraus leiten sich folgende Kinderrechte ab:
- Recht auf Gleichheit
- Recht auf Gesundheit
- Recht auf Bildung
- Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung
- Recht auf eine eigene Meinung, Information und Gehör
- Recht auf eine Familie, elterliche Fürsorge und ein sicheres Zuhause
- Recht auf gewaltfreie Erziehung
- Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher und sexueller Ausbeutung
- Recht auf Schutz im Krieg und auf der Flucht
- Recht auf Betreuung bei Behinderung
- Recht auf Privatsphäre und persönliche Ehre
- eigene Recherchen
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