Jugendweihe: Ostdeutsche Alternative zur Konfirmation?

Die Jugendweihe ist eine weltliche Alternative zur kirchlichen Konfirmation. Das Ritual ist kein Überbleibsel aus der DDR, es existiert bereits seit mehr als 150 Jahren.

Jugendweihe: Keine Erfindung der DDR

Viele Menschen in Westdeutschland können mit dem Begriff der Jugendweihe kaum etwas anfangen. Wenn sie davon gehört haben, dann halten sie das Ritual für ein Überbleibsel aus DDR-Zeiten. Das stimmt jedoch nicht, denn die ersten Jugendweihen fanden bereits in den 1850er Jahren statt. Richtig ist allerdings, dass das DDR-Regime die seit dem frühen 20. Jahrhundert in der Arbeiterbewegung beliebte Jugendweihe für ihre Zwecke nutzte.

Sie verwandelte das Ritual im Jahr 1954 in ein so genanntes „Bekenntnis zum Sozialismus“. Schon fünf Jahre später nahmen rund 80 Prozent der Jugendlichen teil, später wuchs der Anteil noch weiter. Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Jugendweihe zu einem kleinbürgerlichen Familienfest. Auch nach dem Mauerfall lebte und lebt die Tradition in Ostdeutschland fort.

Bei der Jugendweihe begehen die Jugendlichen symbolisch den Übergang von der Kindheit zum Erwachsenwerden. Wie bei der Konfirmation sind die Jugendlichen etwa 14 Jahre alt, wenn die Jugendweihe begangen wird. Sie besteht meistens aus einer Vorbereitungszeit mit Freizeit- und Bildungsangeboten sowie der Feier.

Unverbindliche Alternative zur Konfirmation

Im Osten Deutschlands ist der Verein „Jugendweihe Deutschland“ der größte Anbieter von Jugendweihen. Lange Zeit nahmen fast 100.000 Mädchen und Jungen jährlich an dem Ritual teil. Seit dem Jahr 2003 sinkt jedoch die Zahl der Teilnehmer deutlich, was nur zum Teil mit den niedrigeren Geburtenraten zu erklären ist. So haben 2009 zum Beispiel nur rund 25.000 Mädchen und Jungen an einer Jugendweihe teilgenommen. Aktuelle Zahlen zeigen wieder einen leichten Aufwärtstrend: 2019 begingen laut dem Verein 33.052 Jungen und Mädchen eine Jugendweihe.

Jugendweihe in Deutschland: So viele Mädchen und Jungen gingen in den vergangenen 26 Jahren zur Jugendweihe. (Quelle: Statista)Jugendweihe in Deutschland: So viele Mädchen und Jungen gingen in den vergangenen 26 Jahren zur Jugendweihe. (Quelle: Statista)

Für Jugendliche, die sich für die Jugendweihe entscheiden, spielt neben der in vielen Familien gelebten Tradition auch die Unverbindlichkeit des Rituals eine Rolle: Anders als bei der Konfirmation sind mit der Jugendweihe keine praktischen Folgen verbunden. Die Konfirmation gilt bekanntlich als Bestätigung der Taufe und als offizielle Aufnahme in die Kirche. Entsprechende Konsequenzen zieht die Jugendweihe nicht nach sich.

Nach dem offiziellen Part wird bei der Jugendweihe in der Regel privat weitergefeiert. „Entweder mit Familienangehörigen in einer Gaststätte oder daheim“, sagt Konny G. Neumann. Er ist Vorsitzender des Vereins Jugendweihe Hamburg und leitet Gruppen, die sich auf die Jugendweihe vorbereiten.

Bei der Jugendweihe ist festliche Kleidung gefragt, einen Dresscode gibt es aber nicht. Die Jugendlichen tragen meist Kleider beziehungsweise Anzüge oder auch etwas legerer eine schwarze Jeans mit einem Hemd oder einer Bluse.

Kaum Bedeutung im Westen

Während die Jugendweihe im Osten Deutschlands nach wie vor eine große Bedeutung für Heranwachsende hat, spielt sie im Westen der Republik kaum eine Rolle. Hier nehmen nur einige Tausend Jugendliche in wenigen Regionen an dem Ritual teil.

Geschenke zur Jugendweihe

„Aus Anlass einer Jugendweihe werden gerne Reise-Gutscheine verschenkt, aber auch Bücher, Kleidung oder Geld“, sagt Neumann. Anja Gladkich, in Berlin Geschäftsführerin des Vereins Jugendweihe Berlin/Brandenburg, hält Geldgeschenke für sinnvoll: „Den Jugendlichen wird gesagt: ‚Ihr verabschiedet euch von der Kindheit, ihr übernehmt jetzt Verantwortung, wir erwarten auch mehr von euch.‘ Da gehört auch Verantwortung für Geld dazu.“ Generell hänge das Geldschenken natürlich von der finanziellen Situation einer Familie ab.

Geldgeschenke könne man mit vielen persönlichen Dingen aufwerten, die gar nicht viel kosten müssen, meint Gladkich, in Berlin Geschäftsführerin des Vereins Jugendweihe Berlin/Brandenburg. „Wir hatten Eltern, die haben ein Schwangerschaftstagebuch aufbewahrt und das als Buch drucken lassen und haben das zur Jugendweihe geschenkt. Ganz häufig werden Fotoalben mit Erinnerungen angelegt.“

Und Gladkirch erzählt weiter: „Ich kenne Mädchen, die haben sich als Geschenk gewünscht: ‚Ich möchte einen Tag mal dieses unglaubliche Kleid haben und wie eine Prinzessin aussehen und schön mit der Familie feiern.‘ Dafür haben dann alle zusammengelegt.“

Eine Alternative zu Geld kann auch ein Gutschein für ein Erlebnis (zum Beispiel für Bungeejumping, Bogenschießen, Lasertag) sein.

Verwendete Quellen:

  • Nachrichtenagentur dpa
  • Eigene Recherchen

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