David Franks Welt liegt in Trümmern. Seine Freundin hat sich das Leben genommen, nachdem sie eine Prüfung nicht bestanden hatte. Der 22-jährige Medizinstudent verzweifelt daraufhin an dem kapitalistischen Leistungsprinzip.
Der „Tatort“ an diesem Sonntag betrachtete das Leben von Studenten und zeichnete ein deprimierendes Bild: Die sogenannte Generation Y – also die zwischen 1985 und 2000 Geborenen – sei „hoch motiviert, aber total überfordert“, „top-ausgebildet, aber millionenfach arbeitslos“, es herrsche ein „maximaler Wettbewerb bei minimalen Zukunftsperspektiven“.
Weil Pflicht über allem stehe und Scheitern nicht vorgesehen sei, habe jeder zweite Student vor Prüfungen schon mal Medikamente oder illegale Drogen genommen, vor allem Methylphenidate wie Ritalin oder Amphetamine wie Speed, hieß es in dem Krimi.
Abitur nach zwölf Jahren, Bachelor, Master und immer mehr Studenten: Stimmt der häufig beschriebene Eindruck, dass viele der heute 17- bis 32-Jährigen chronisch gestresst sind, Zukunftsängste haben und deshalb Pillen einwerfen?
Nimmt jeder zweite Student illegale Drogen zur Leistungssteigerung?
Ganz klar: nein. Der Anteil der Studenten, die sogenanntes Hirndoping betreiben, also verschreibungspflichtige Medikamente und/oder illegale Drogen einnehmen, um das Studium, Prüfungen und Lernphasen zu bewältigen, liegt bei nur sechs Prozent. Das ist das Ergebnis einer Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit, für die das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) im Wintersemester 2014/15 Studenten an Universitäten und Fachhochschulen befragt hat. Bei der ersten Befragung vier Jahre zuvor waren es fünf Prozent.
Zum Hirndoping verwendet werden dabei laut Studie am häufigsten verschreibungspflichtige Schlaf- oder Beruhigungsmittel (31 Prozent), Cannabis (29 Prozent) und Antidepressiva (27 Prozent). Ein Fünftel der Hirndopenden greife zu Methylphenidat (21 Prozent) und/oder zu verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln (20 Prozent). Illegale Drogen wie Kokain, Ecstasy oder Methamphetamine spielen dagegen nur eine kleine Rolle (zwei bzw. ein Prozent).
„Dass Studenten mit dem Leistungsdruck nicht zurechtkommen und deshalb zu verbotenen Substanzen greifen, ist gleichwohl ein relevantes Phänomen, das man weiter beobachten sollte“, sagt Klaus Lieb, Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Uni Mainz.
Ob jemand zu illegalen Mitteln greift, hängt dabei offenbar auch von dem Fach und der Semesterzahl ab: So konsumieren Studenten aus höheren Fachsemestern häufiger als Studienstarter. Und bei Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlern ist der Anteil überdurchschnittlich hoch, während er in den Ingenieurwissenschaften sehr niedrig ist.
Ist die Generation Y gestresst und voller Zukunftsangst?
Stress und Überforderung kennen viele Studenten. Jeder Zweite fühlt sich unter Dauerdruck, wie ein Report der AOK zeigt, für den deutschlandweit mehr als 18.000 Studenten befragt wurden. Gründe dafür sind vor allem Prüfungen und Abschlussarbeiten oder die Wohnungssuche. Auch das Erfüllen der eigenen Erwartungen bezeichneten die meisten Befragten als „stressig“ oder „sehr stressig“. Die Folgen: Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme und Lustlosigkeit.
„Einen starken Wettbewerbsdruck empfindet jedoch nur eine Minderheit“, sagt Klaus Hurrelmann, Co-Autor der Shell-Studie. „Ausgegrenzt fühlen sich vor allem diejenigen, die schlechte Schulabschlüsse haben.“
Auch die Angst vor der Zukunft ist generell zurückgegangen: 61 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 25 Jahren gaben in der jüngsten Shell-Studie aus dem Jahr 2015 an, dass sie optimistisch in die eigene Zukunft blicken. Das sind mehr als im Jahr 2006: Damals war nur jeder Zweite zuversichtlich, was die eigene Zukunft betraf. Erstmals seit den Neunzigerjahren beurteilt auch die Mehrheit der Jugendlichen die gesellschaftliche Zukunft positiv.
Droht vielen Studenten die Arbeitslosigkeit?
Nein, im Gegenteil: Ein abgeschlossenes Studium ist die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit – und gleichzeitig die größte Chance auf ein überdurchschnittliches Einkommen sowie Zufriedenheit im Beruf.
Fünf Jahre nach ihrem Abschluss waren nur zwei Prozent der Fachhochschul-, beziehungsweise drei Prozent der Uni-Absolventen des Jahrgangs 2009 arbeitslos, wie eine Studie des DZHW
zeigt. Damit ist deren Anteil an Arbeitslosen ungefähr so hoch wie die Arbeitslosenquote aller Akademiker in Deutschland, die bei 2,6 Prozent liegt – was nahezu einer Vollbeschäftigung entspricht. Und das, obwohl die Zahl der Akademiker auf dem deutschen Arbeitsmarkt zwischen 2005 und 2015 um ein Drittel gestiegen ist.
Allerdings weist das DIW Berlin darauf hin, dass die Akademikerarbeitslosigkeit auch vergleichsweise niedrig ist, „weil Arbeitskräfte mit einem Berufsabschluss, insbesondere mit einem akademischen, es einfacher bei der Jobsuche haben als Ungelernte – auch wenn sie Tätigkeiten ausüben, die nicht oder nur bedingt zu ihren Abschlüssen passen“.
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