Für Eltern ist es ein Schreck: Die Polizei steht mit dem Kind vor der Tür, weil es etwas gestohlen hat. Oft sind es nur Kleinigkeiten wie Haargummis oder Süßigkeiten, manchmal lassen Jugendliche aber auch teure Technik oder Markenklamotten mitgehen. Was tun, wenn das Kind klaut? Experten geben Rat.
„Zuerst ist es wichtig, Ruhe zu bewahren“, rät Maria Große Perdekamp von der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (BKE). Dennoch sei es wichtig, den Diebstahl ernst zu nehmen. Das gilt nicht nur bei Ladendiebstählen, sondern auch, wenn ein Kind einem Mitschüler oder Familienmitglied etwas weggenommen hat.
Nicht verharmlosen
Hat ihr Kind gestohlen, sollten Eltern das Verhalten der Kinder nicht mit niedlichen Umschreibungen verharmlosen. Worte wie „gemopst“, „stibitzt“ oder „etwas mitgehen lassen“ sind nicht geeignet, teilt der Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie mit. Wichtig ist es, dem Kind die Ernsthaftigkeit seines Verhaltens deutlich zu machen und den Diebstahl klar zu benennen.
In den meisten Fällen sei ein Diebstahl kein Grund zur Sorge, dass das Kind auf die schiefe Bahn gerät, sagt die Expertin. „Generell ist es ein Hinweis an die Eltern, dass sie auf das Kind achten müssen.“ Sie sollten hinterfragen, ob sie Regeln und Werte klar vermitteln. Und dann mit dem Kind über die Hintergründe sprechen.
Deshalb stehlen Kinder
Manchmal stehlen Kinder beispielsweise Süßigkeiten, um sie an andere Kinder zu verteilen und Freunde zu finden. Oder sie klauen, weil ihnen langweilig ist. Stehlen Kinder, ist das fast immer ein Warnzeichen: Es gibt ein anderes Problem. Dann sind reflexartige Strafen sinnlos und falsch, warnt Große Perdekamp. Stattdessen sollten Eltern die Hintergründe herausfinden und das Kind bei der Lösung dieser Probleme unterstützen. Da die Ursachen sehr unterschiedlich sind, ist es hilfreich, sich beraten zu lassen.
Steht die Polizei vor der Tür, sollen Eltern keine Drohkulisse aufbauen oder dem Kind vor den Polizisten eine Szene machen. Sie sollten die Autorität aber annehmen und den Ernst der Lage vermitteln, rät die Expertin.
Respekt vor fremdem Eigentum vermitteln
Vorbeugen können Eltern schon beim kleinen Kind. Sie sollten früh die Grenze zwischen Mein und Dein vermitteln, rät Große Perdekamp. „Schon dem kleinen Kind sollte man klarmachen, dass es an bestimmte Dinge einfach nicht dran darf, beispielsweise Medikamente oder das Tablet der Eltern.“ Auf dem Spielplatz können Kinder lernen, Spielsachen von anderen Kindern nicht einfach zu nehmen, sondern danach zu fragen.
Oft sei das Stehlen nur eine vorübergehende Phase, sagt Psychologe Ulrich Gerth von der BKE. „Es kommt vor, dass Kinder eine Zeit lang Dinge klauen. Das bedeutet nicht unbedingt, dass etwas in ihrer Entwicklung grundlegend schief läuft. Manche Kinder reizt das Abenteuer, etwas Verbotenes zu tun. Andere klauen in der Gruppe, weil sie dazugehören wollen. Manche stehlen einfach deshalb, weil sie etwas unbedingt haben wollen.“
Zur Wiedergutmachung ermutigen
Eltern sollten allerdings nicht in Panik verfallen und das Kind beschimpfen oder bestrafen. Besser ist es, das Kind zur Wiedergutmachung zu ermutigen. Gerth rät Eltern, dem Fehlverhalten auf jeden Fall Konsequenzen folgen zu lassen. Dabei sollten sie trotzdem wertschätzend mit dem Kind umgehen. „Es ist falsch, das Kind zu schimpfen – dadurch fühlt es sich nur in die Ecke gedrängt und lernt überhaupt nichts“, betont der Erziehungsexperte.
Besser sei es, gemeinsam mit dem Kind zu überlegen, wie es seine Tat wiedergutmachen könne. „Beispielsweise könnten die Eltern mit ihrem Kind das Geschäft aufsuchen, aus dem es gestohlen hat, so dass es das Diebesgut zurückbringen kann“, sagt Gerth. Die unangenehme Situation bei der Konfrontation mit den Bestohlenen sei oft heilsam genug.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, mit dem Kind einen Zeitpunkt zu vereinbaren, bis wann es die Wiedergutmachung erledigt haben soll. So haben Eltern die Möglichkeit, zu überprüfen, ob das Kind sich um die Angelegenheit gekümmert hat.
Wenn das Kind die Eltern beklaut
Hat das Kind seine Eltern bestohlen, sollte man es ernst ermahnen. „Manchmal ist es notwendig, dass die Eltern eine Zeit lang genau kontrollieren, ob beispielsweise Geld aus ihrem Portemonnaie fehlt, und jedes Mal sofort darauf reagieren“, sagt Gerth. Außerdem sollte man Geld nicht offen herumliegen lassen, um das Kind nicht in Versuchung zu führen.
Der Erziehungsexperte empfiehlt Eltern, Kindern früh beizubringen, dass man sich nicht alle Wünsche sofort erfüllen kann. „Dinge, die das Kind haben möchte, sollte man nicht immer sofort kaufen. So lernt es, dass man es aushalten kann, auf etwas zu warten“, sagt Gerth.
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