Jeder siebte Schüler bekommt Nachhilfe

Bei manchen geht es um die Versetzung, andere wollen recht gute Noten noch verbessern – mehr als eine Million Schüler in Deutschland nimmt Nachhilfe. Bildungsforscher warnen davor, dass Bildung eine Frage des Geldes wird.

Die Bertelsmann-Stiftung hat 4300 Eltern von Kindern zwischen 6 und 16 Jahren befragt. Bundesweit bekommen demnach 1,2 Millionen Schüler Nachhilfeunterricht. Rund ein Drittel habe das Ziel, befriedigende bis gute Leistungen weiter zu verbessern.

Nachhilfe für Sprung von Grundschule aufs Gymnasium

„Wir sehen den deutlichen Trend, dass es nicht mehr nur darum geht, schulisches Scheitern abzuwenden“, sagt Bildungsforscher und Studienautor Professor Klaus Klemm. Vielen Eltern gehe es offenbar darum, mit besseren Noten einerseits den Übergang von der Grundschule auf das Gymnasium leichter zu ermöglichen oder später mit gutem Notendurchschnitt die Chancen auf einen Ausbildungsplatz und freie Wahl des Studienfachs zu verbessern.

Problemfach Mathematik

61 Prozent der Nachhilfeschüler bekommen Förderung in Mathematik, gefolgt von Fremdsprachen (46 Prozent) und Deutsch (31 Prozent). Besonders ausgeprägt ist der Bedarf an weiterführenden Schulen, am häufigsten an Gymnasien. Fast jeder fünfte Gymnasiast nimmt Nachhilfe.

Forscher betonen: Förderung ist Kernaufgabe der Schulen

Nachhilfe wird dort nachgefragt, wo regulärer Unterricht nicht ausreicht. Das sehen viele Forscher kritisch. Es sei Kernaufgabe der Schulen, die Potenziale der Jugendlichen so zu fördern, dass sie keine Nachhilfe brauchen, sagt Bildungsforscher Klemm. Er warnt: „Wenn schulischer Erfolg von privat finanziertem Unterricht abhängt, ist das ein Einfallstor für Ungleichheit bei den Bildungs- und Aufstiegschancen.“

Auch die Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Ilka Hoffmann, teilt diese Meinung. Doch es sei ausreichend Personal nötig, um flexibel auf die Neigungen von Kindern reagieren zu können sowie offene Unterrichtsformen, Kleingruppen und kreative Lernangebote anzubieten.

Fast 90 Euro pro Monat für Nachhilfe

Im Schnitt geben Familien monatlich 87 Euro für Nachhilfe aus. So kommt in Deutschland insgesamt eine Summe von 879 Millionen Euro pro Jahr zusammen. Die Studie zeigt einen kleinen Unterschied je nach Einkommen: Eltern mit einem Haushaltseinkommen über 3000 Euro nutzen Nachhilfeangebote für ihre Kinder etwas häufiger als Familien mit weniger Geld (15 Prozent zu rund 12 Prozent).

Bertelsmann-Stiftung rät zum Ausbau von Ganztagsschulen

Allerdings ergab die Umfrage auch, dass zahlreiche Familien kostenlose Angebote nutzen können. 26 Prozent der Nachhilfeschüler müssen nichts zahlen. Besonders groß ist der Anteil an Ganztagsschulen. Für sinnvoll hält die Bertelsmann-Stiftung daher deren Ausbau.

Erziehungsexperten halten nichts von „präventiver Nachhilfe“

Maria Große Perdekamp von der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung rät davon ab, guten Schülern Nachhilfe zu verordnen, damit sie noch besser werden. Das setze Kinder unnötig unter Druck. Gute Schüler können ihre Noten aus eigener Kraft verbessern. 

Andere Länder haben noch höhere Nachhilfe-Quoten

Ein Vergleich der Pisa-Daten von 2012 zeigt, dass Deutschland bei der Nutzung von Nachhilfe einen der hinteren Plätze belegt: In Japan bekommen fast 70 Prozent der 15-Jährigen Schüler Mathe-Nachhilfe. Das sind mehr als doppelt so viele wie in Deutschland (knapp 29 Prozent).

4000 Nachhilfe-Institute in Deutschland

Nach Schätzungen des Bundesverbandes der Nachhilfe- und Nachmittagsschulen (VNN) gibt es in Deutschland rund 4000 kleinere wie größere Institute. Daneben existiert ein großer grauer Markt, auf dem Studenten, Schüler oder pensionierte Lehrkräfte Nachhilfe anbieten. Hinzu kommt individuelle Zusatzförderung an Schulen nach dem regulären Unterricht.

 (Quelle: dpa) (Quelle: dpa)

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