Die Zahl der Jugendlichen, die süchtig nach Computerspielen und Internet sind, hat sich in Deutschland in den vergangenen vier Jahren fast verdoppelt. Mädchen sind deutlich stärker suchtgefährdet als Jungen. Hier finden Eltern eine Checkliste mit Anzeichen für die Sucht.
Mittlerweile gälten 5,8 Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen als onlinesüchtig, berichtet die Zeitung „Die Welt“. Sie beruft sich auf eine Untersuchung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Der Anteil der internetabhängigen Mädchen in dieser Altersgruppe lag 2015 bei 7,1 Prozent. Bei den Jungen waren es dagegen 4,5 Prozent. Die Bundeszentrale führt die stärkere Suchtanfälligkeit der Mädchen vor allem auf Angebote sozialer Medien zum Austausch untereinander oder zum Medienkonsum zurück.
In der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen lag der Anteil der Süchtigen demnach bei 2,8 Prozent und damit nur leicht über den Ergebnissen der vorangegangenen Untersuchung von 2011.
Unkontrollierte und exzessive Nutzung
Unter Internetsucht wird in der Untersuchung eine unkontrollierte und exzessive Nutzung von Internet und Computerspielen sowie auch von anderen Anwendungen, sozialen Netzwerken und Cybersex verstanden. Für die Untersuchung wurden 2015 deutschlandweit etwa 7000 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von zwölf bis 25 Jahren befragt.
Internetsucht-Checkliste für Eltern
Die EU-Initiative für mehr Sicherheit im Netz bietet auf der Website klicksafe.de für Eltern eine Broschüre zu Internet- und Computerspielabhängigkeit an. Sie enthält eine Checkliste, die Eltern einen ersten Anhaltspunkt geben kann, ob ihr Kind gefährdet ist. Wenn drei oder mehr Merkmale zutreffen, sollten Eltern reagieren und gegebenenfalls professionelle Hilfe suchen.
- die Gedanken des Kindes kreisen auch bei anderen Beschäftigungen ständig um Computer, Internet oder Spielkonsole
- das Kind spielt und surft bis tief in die Nacht
- dem Kind fällt es schwer, die Zeit vor dem Bildschirm zu begrenzen
- das Kind reagiert gereizt, wenn es auf Computer, Internet oder Spielkonsole verzichten muss
- es zieht sich immer mehr von Familie und Freunden zurück
- Internetnutzung verdrängt andere Interessen und Hobbys
- die Leistungen in der Schule haben sich deutlich verschlechtert
- das Kind verzichtet auf Mahlzeiten, um am Computer zu bleiben
- es hat stark ab- oder zugenommen und wirkt übermüdet
- das Kind reagiert Gefühle wie Ärger oder Frust mit Computerspielen ab
Spielen auf Schritt und Tritt
Die mobilen Endgeräte, also Smartphones oder Tablets, sind für Computerspielabhängigkeit immer bedeutsamer, erklärt Bert te Wildt, Oberarzt der Ambulanz der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie des LWL-Universitätsklinikums Bochum. Denn mobile Spiele würden immer professioneller und interaktiver. Dennoch: „Die meisten Betroffenen spielen eher auf leistungsfähigen Standrechnern“, sagt te Wildt. Durch die zunehmende Zahl der Virtual-Reality-Spiele könnte sich das Problem verschärfen.
„Massenphänomen“ Internetsucht
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), sieht in der Internetabhängigkeit bereits ein „Massenphänomen“. Deshalb müssten die Vorsorge gestärkt sowie spezialisierte Behandlungs- und Therapieangebote ausgebaut werden, sagte sie der „Welt“.
Eine entscheidende Rolle komme den Erwachsenen zu. „Wenn wir internetmündige Kinder wollen, brauchen wir Eltern, Erzieher und Lehrer, die dies selbst sind und es auch vermitteln können“, sagte Mortler. Die Jahrestagung der Drogenbeauftragten am 9. November in Berlin widmet sich der Internetsucht.
Drogenbeauftragte fordert strengere Altersfreigabe
Mortler forderte auch Konsequenzen im Jugendschutz. „Konkret heißt das unter anderem, dass wir bei Onlinespielen die Alterseinstufung ab null Jahre überdenken müssen.“ Die Altersangabe erwecke den falschen Eindruck, diese Spiele seien bereits für Kleinkinder empfohlen. Kleinkinder bräuchten keine digitalen Angebote. Zudem forderte Mortler, Internetabhängigkeit endlich als eigenständiges Krankheitsbild anzuerkennen.
Wie gefährlich ist die digitale Sucht?
In der Wissenschaft ist das Thema Internet- und Computerspielsucht erst seit wenigen Jahren etabliert. Deshalb fehlen Untersuchungen, mit denen sich das Suchtpotenzial vergleichen lässt, sagt Psychologe Rehbein. Unklar ist auch, wie sich Computerspielsucht langfristig auswirkt. „Sicher ist aber, dass sie viel geringere Auswirkungen auf finanzielle Schäden hat wie etwa bei der Glücksspielsucht.“
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