Gemächlich setzt das 40 Zentimeter lange Tier einen Fuß vor den anderen. Seine grünen, blauen und roten Schuppen ziehen sich über den Körper. Je nachdem, was für Emotionen es empfindet, ändern sich die Farben. Ein Mitarbeiter hält eine Heuschrecke in die Luft. In Nullkommanichts hat das Reptil seine Zunge ausgeschossen, die Heuschrecke gepackt und im Maul versenkt. „Jedes dieser Pantherchamäleons ist ein Individuum“, schwärmt Francesco Biondi. Die Zunge könne so lang werden wie der Körper und es sei fähig, seine Augen unabhängig voneinander zu bewegen. Biondi ist Tierpfleger und Landschaftsgärtner des Zürcher Zoos. Seit eineinhalb Jahren arbeitet er in der Masoala-Halle.
Zuerst war Biondi 14 Jahre Landschaftsgärtner in Basel. „Ich habe Volontariate in verschiedenen Zoos gemacht, um herauszufinden, ob Tierpfleger auch etwas für mich wäre. Dann wurde eine Stelle im Zürcher Zoo frei.“ Er bewarb sich. Der rund ein Hektar große Masoala-Regenwald wurde 2003 eröffnet. Die Temperatur in der Halle liegt zwischen 20 und 30 Grad Celsius, mit einer Luftfeuchtigkeit von 80 Prozent. Beheizt wird sie zum größten Teil mit Erdsonden, die über eine Wärmepumpe die Wärme aus dem Boden beziehen, und einer Holzschnitzelheizung.
Die Froschfarbe erinnert an Tomaten
Mehr als 50 Wirbeltierarten leben dort. Davon fünf verschiedene Säugetierarten. So wie der Rote Vari, ein Lemur mit rötlichem Fell. Man findet Reptilien wie Pantherchamäleons, Schildkröten, Geckos, Schildechsen und Schlangen. Letztere aber nur hinter Glas im Informationszentrum. Speziell sind außerdem die 23 Vogelarten, die hier angesiedelt wurden. Eine davon ist die Afrikanische Zwergglanzente, sie ist die kleinste Ente Afrikas. Überdies kommen Amphibien vor, wie etwa die Tomatenfrösche, die bis zu 10,5 Zentimeter lang werden. Wegen ihrer orange- rötlichen Haut erinnern sie einen an eine Tomate. Auch wird die Halle von Insekten, Spinnen und fünf verschiedenen Fischarten bewohnt. Zum Beispiel leben der Rotschwanz-Ährenfisch oder der Menarambo-Buntbarsch hier. Das größte Tier, das man finden kann, ist die Aldabra-Riesenschildkröte. Ein Männchen kann bis zu 120 Zentimeter lang werden und wiegt bis zu 250 Kilogramm. Besucher können in der feuchten Halle die Tierarten in ihrem natürlichen Umfeld erleben. Ein Höhepunkt ist der Baumkronen-Weg mit seinen beiden 10 und 18 Meter hohen Türmen. Die Stahltürme sind von Lianen umschlungen. Hier wachsen 500 Pflanzenarten. Der Affenbrotbaum mit einer glatten, hellgrauen Rinde und einer Höhe von bis zu 35 Meter, die Knollenpflanze Titanenwurz oder der Kaschu-baum mit seinen Scheinfrüchten, den Kaschuäpfeln. In der Region Masoala in Madagaskar leistet der Zoo das größte Naturschutz-Engagement. Es werden Projekte zur Walderhaltung, Aufforstung, nachhaltigen Landwirtschaft, Wasserversorgung, Hygiene und zur Schulbildung der Kinder unterstützt. Jährlich steuert der Zürcher Zoo 125 000 Dollar zu den Betriebskosten des Masoala Nationalparks bei.
Man hört seinen Basler Dialekt
Francesco Biondis Tag beginnt um viertel nach sechs. Am Morgen werden die Tiere gefüttert. Die Pflanzen haben es nötig, regelmäßig geschnitten und nachgepflanzt zu werden. Es gibt eine kleine Baumschule. Der Wassergehalt in der Halle wird regelmäßig überprüft, ist er zu niedrig, programmiert man einen Regen. Auch gibt es noch ein Salzwasseraquarium. Wenn Biondi spricht, hört man seinen Basler Dialekt gut. Aufgewachsen ist der braungebrannte 36-Jährige in Laufental im Kanton Basel-Landschaft. „Im ersten Jahr bin ich noch zwischen Basel und Zürich gependelt, das wurde mir aber zu zeitaufwendig.“ Zurzeit wohnt er ganz in der Nähe am Zürichberg. Sein Vater ist Elektriker, seine Mutter Hausfrau. „Wir hatten vier Katzen. Aber im Moment fehlt mir leider die Zeit für ein Haustier.“ Der leidenschaftliche Fischer und Segler sagt: „Ich bin häufig in der Natur unterwegs.“ Seine Freundin teilt diese Leidenschaft mit ihm. Sie selbst ist Phytotherapeutin.
Biondis dunkelbraune Locken sind zerzaust, auf der Stirn bilden sich Schweißperlen. Die Luftfeuchtigkeit macht auch dem Profi zu schaffen. Abends werden die nachtaktiven Mausmakis, eine Untergruppe der Lemuren, gefüttert. Alle Tiere verfügen über einen Chip, und einmal im Jahr wird überprüft, wie viele noch leben, ob es Jungtiere gegeben hat und wie es um ihren Zustand steht. Ein dunkelblauer Vogel mit drei Federn auf dem Kopf landet auf einem Ast und schaut kurz. Biondi steht an einem Bambustisch und erklärt, dass dies ein Madagaskar-Drongo ist. Er schaut dem schönen Tier zu, wie es davonfliegt.
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