Wiesbaden – Die Zahl der Kinder in Deutschland ist auf 13,1 Millionen gesunken, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Berlin mitteilte. Das sind 14 Prozent weniger als noch im Jahr 2000: Damals lebten noch 15,2 Millionen Kinder in Deutschlands Haushalten. Die rückläufige Entwicklung der vergangenen Jahre setzt sich damit fort – trotz Elterngeld und Kita-Ausbau.
Deutschland ist das kinderärmste Land Europas. Nur noch 16,5 Prozent der Bundesbürger sind jünger als 18 Jahre. Andere Länder wie Frankreich, Großbritannien und die Niederlande kommen auf einen Anteil von über 20 Prozent. In der Türkei ist fast jeder dritte (31,2 Prozent) der mehr als 72 Millionen Menschen jünger als 18 Jahre. Schlusslichter in Europa sind neben Deutschland Bulgarien (16,7) und Italien (16,9).
Die in Berlin vorgestellte Studie „Wie leben Kinder in Deutschland“ zeigt aber noch eine weitere alarmierende Bilanz: Viele Kinder drohen in die Armut abzurutschen. Den Zahlen des Statistische Bundesamtes zufolge gelten
- 15 Prozent der Kinder in Deutschland als arm.
- Besonders betroffen sind dabei Kinder von Alleinerziehenden. 37,5 Prozent der von ihnen gelten als armutsgefährdet, weil die Bezüge ihrer Eltern unter dem statistischen Schwellenwert von jährlich 11.151 Euro liegen.
- Rund ein Drittel der Kinder von Single-Eltern leben in Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften.
- Sieben Prozent der gesamten Haushalte gaben an, ihren Kindern keine regelmäßigen Hobbys finanzieren zu können.
- Ein Fünftel der Haushalte verzichtete auf eine jährliche Urlaubsreise.
- Elementare Bedürfnisse wie Kleidung und Essen, auch das Feiern von Geburtstagsfesten, werden in den meisten Haushalten jedoch erfüllt.
Michael Kruse, Sprecher des Deutschen Kinderhilfswerks, nannte diese Zahlen „nicht hinnehmbar“. Er forderte die Bundesregierung dazu auf, Kinder- und Jugendarmut „endlich ernsthaft zu bekämpfen“. Der IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber machte „prekäre Arbeit und Niedriglohn“ für das Armutsrisiko der Kinder verantwortlich. Huber forderte eine „faire Ordnung auf dem Arbeitsmarkt“. Dazu gehörten die Umsetzung des Prinzips „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ in der Leiharbeit, Mindestlöhne und bessere Chancen für Frauen, von Teilzeit- in Vollzeitstellen zu wechseln.
Von Armut bedroht sind Kinder der Erhebung der Statistiker zufolge vor allem in Ostdeutschland. Dort entwickeln sich auch die Geburtenraten besonders stark zurück. Im Jahr 2010 gab es in den neuen Bundesländern 29 Prozent weniger Mädchen und Jungen als zehn Jahre zuvor.
Auch das traditionelle Zusammenleben von Vater, Mutter und Kind wird im Osten zum Auslaufmodell. Während in Westdeutschland 79 Prozent der Kinder bei ihren verheirateten Eltern leben, ist das in Ostdeutschland nur bei 58 Prozent der Fall. Dort werden 17 Prozent der Kinder von nicht verheirateten Partnern erzogen. In den westdeutschen Ländern sind es nur sechs Prozent. 15 Prozent der westdeutschen und 24 Prozent der ostdeutschen Kinder wachsen bei einem alleinerziehenden Elternteil auf.
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